Der wilde Osten im Jahre 2003

Ziel des - ersten gemeinsamen - Sommerurlaubs von AG und HW war es, die ostdeutsche Ostseeküste mit Zelt, Auto und Rennrad zu erkunden. Nach einem kleinen Umweg über Berlin haben wir die zivilisierte Welt am 14.07.2003 verlassen und erst am 03.08.2003 wieder betreten. Dazwischen lagen beeindruckende Landschaften und jede Menge Sonnenschein, aber auch einige Merkwürdigkeiten. Highlights jedenfalls waren die Wasserqualität der Ostsee außerhalb der buchtigen Regionen, die wirklich traumhaften Strände auf dem Darss, insbesondere bei Zingst, der Koloss von Rügen in Prora und die Führung durch ihn hindurch von einen ausgesprochen sachkundigen Historiker.

Weniger schön waren hingegen der permanente Geruch nach gegrilltem totem Tier und geräuchertem Fisch, der die Campingplätze und - nicht nur die - jedn Abend erfüllte und der abenteuerliche Zustand der sanitären Anlagen, der in Container-Klos und lebensgefährlichen Elekro-Installationen bis hin zur völligen Schließung der Einrichtungen bei Gewitter und während der Reinigung gipfelte.

Insbesondere die Regenbogencamps mit dem Web-Slogan "die mit den guten Anlagen" zeichnen sich durch maximale Preise bei minimaler Leistung aus. Hier haben findige West-Wende-Gewinnler aus Laboe sich die Bestlagen (z.B. der Dünenplatz in Prerow ist wirklich 'ne Wolke) - höchstwahrscheinlich für 'nen Appel ohne Ei - unter den Nagel gerissen und sorgen nun dafür, dass der Shareholdervalue ihrer Regenbogen AG durch Übernachtungspreise von minimal 25,-EUR pro Nacht und Paar in ungeahnte Höhen steigt. Die mangelnde Konkurrenz macht es möglich, dass unter dem Deckmäntelchen angeblicher Naturcampingplätze auch der letzte Freiraum im Kiefernwald als Zeltplatz vermietet wird, während Autos und sogar Motorräder für schlappe 4,-EUR am Tag ca. 20 Gehminuten entfernt auf einem immerhin asphaltierten Acker in der prallen Sonne auf den Abtransport in noch östlichere Regionen warten.

Die Ostalgie zeigte sich auch beim Restaurantbesuch ("dieser Teil ist geschlossen, setzen Sie sich bitte mit an den Tisch da drüben"), im einfachen "haben wir nicht" auf die Frage nach - absolut notwendigem - Autan in der Drogerie oder im schlichten "Platz besetzt" am Eingang des Campingplatzes oder am Telefon, obwohl dies auch nicht annähernd der Fall war.

Die Horden lärmender Jugendlicher und Älterer, die grölender- und saufenderweise jeglichen Schlaf verhindern, trifft man hingegen wohl auch im Westen; allerdings werden diese dort normalerweise auf abgelegene Wiesen gesperrt und können nicht den kompletten Platz in Beschlag nehmen.

Trotz aller Widrigkeiten war es dennoch eine schöne Zeit, die ich aber jetzt erst richtig zu schätzen weiß, da ich wieder malochen muss.